Gerechtigkeit sieht anders aus und die aus Ungerechtigkeit entstehenden Gefühle sind zerstörerisch.
Ich kann diese UngleichBehandlung jedenfalls kaum noch kompensieren.
Der von Inhabern geführte Einzelhandel hat keine Lobby, ist der Regierung egal, man scheint auf unsere Steuern verzichten zu können.
Es gibt inzwischen Widerstand von einzelnen Initiativen.
Eine davon ist #handelstehtzusammen
Mich erreichte ein schöner Text von Simon Bittel aus Ravensburg zur Situation des stationären Einzelhandels:
" Eine Parabel aus dem Sport.
Der Gong ertönt. Der Kampf beginnt.
In der linken Ecke der Online-Handel: austrainiert, in Bestform.
Der Kämpfer strotzt vor Energie und Selbstbewusstsein. Er hat die besten und teuersten Trainer, Physiotherapeuten, ein Team von Analysten und er hat den parteiischen Schiedsrichter auf seiner Seite. In der rechten Ecke der stationäre Fach-Handel.
Vor einem Jahr ein ebenbürtiger Gegner. Etwas älter als sein Gegner, aber ein erfahrener Kämpfer.
Nur jetzt macht er gerade keinen guten Eindruck. Er wurde vor kurzem aus dem Krankenhaus entlassen. Die Ärzte haben ihm das Überleben gerettet, aber er ist von einer langen Krankheit gezeichnet, ausgemergelt und sein Trainer ist ehrenamtlich tätig.
Ein Team kann er sich nicht mehr leisten:
Die Krankenhausrechnungen haben zu viel Geld gekostet.
Er ist stark verschuldet.
Dem Kampf kann er sich nicht verweigern: Er hat zwar die Krankheit überlebt, aber er muss auch eine Familie ernähren. Wacker kämpf er gegen einen übermächtigen Gegner. Er steckt viel ein und ab und an gelingt es ihm ein paar Schläge zu platzieren. In Runde 2 geht auch dieser zähe Kämpfer zu Boden und steht nicht mehr auf.
Genau das steht dem stationären Handel gerade bevor. Wenn der Lockdown endet und es wieder los geht, beginnt der Wettkampf.
Leider nicht mehr mit fairen Mitteln. Der Schiedsrichter war auch vor dem Lockdown schon parteiisch.
Die großen Onlinehändler wie Amazon zahlen kaum Steuern auf ihre Gewinne und kumulieren durch die Steuerersparnis immer mehr Geld für die Kriegskasse.
Die stationären Händler hingegen zahlen sogar dann noch Gewerbesteuern, wenn sie Verluste machen.
Trotzdem hatten sie noch eine gute Chance mit guten Ideen, Engagement und Persönlichkeit zu punkten. Manche waren trotz der Benachteiligungen sehr erfolgreich, weil sie ihre Stärken zu nutzen wussten und z.B. Service und Einkaufserlebnis geboten haben.
Jetzt sieht es anders aus: der Schiedsrichter (das Gesetz) ist immer noch parteiisch (daran hat sich nichts geändert), nur jetzt pfeift der stationäre Handel aus dem letzten Loch.
Der Lockdown hat die Unternehmen stark angegriffen und die Reserven aufgebraucht. Die Staatshilfe mag vielen Unternehmen das Überleben gesichert haben, aber sie hat noch nicht einmal die Verluste ausgeglichen.
Jobs mit der Aussicht auf lange Kurzarbeitsphasen sind für die besten Arbeitnehmer nicht attraktiv. Es fehlt Geld für nötige Investitionen in Digitalisierung, in Umweltschutz in Weiterbildung. Geld wofür ein Unternehmen Gewinne braucht.
Statt Investitionen für eine Zukunft heißt es jetzt an allen Ecken und Enden Kosten zu sparen.
Mode- und Elektronikhändler sitzen auf ihrer alten Ware und können sich entscheiden sie vollständig wegzuwerfen, um den Kunden aktuelle Sortimente zu präsentieren, oder gegenüber dem Onlinehändler der ein Top-aktuelles Sortiment bietet, als die Ramschbude mit der Ware von gestern wahrgenommen zu werden.
Andere Händler wie Parfümerien, Küchen- und Haushaltsbedarf, Spielwaren, Optiker, Bettenmärkte, usw. sind mit einer übermäßig gefüllten Kriegskasse ihrer Online-Wettbewerber konfrontiert, die es denen erlaubt die Preise so weit zu senken, dass ihre angeschlagenen stationären Wettbewerber bald Geschichte sind.
Eine der wichtigsten staatlichen Aufgaben ist es, Gerechtigkeit und Fairness zu gewährleisten. Nur aus diesem Grund existieren Gerichte.
Es braucht unbedingt faire Wettbewerbsbedingungen, um den Wettbewerb auch für die Kunden zu erhalten.
Mit Schließungsverfügungen ohne ausreichende Entschädigungen ist das nicht gegeben.
Mit der Coronakrise scheint deshalb das Grundprinzip des fairen Wettbewerbs für die Fach-Händler aus den Fugen geraten zu sein.
Fachhändler schließen, während Supermärkte und Drogerie-Kaufhäuser weiterhin (und sogar verstärkt) alle Sortimente uneingeschränkt stationär verkaufen dürfen.
Bei Ausgangsbeschränkungen und Appellen daheim zu bleiben, ist aber die Wettbewerbsverzerrung gegenüber Online-Händlern noch stärker. Die Hilfen (in der derzeitigen Ausgestaltung) ermöglichen einigen Händlern zwar das nackte Überleben, aber Fairness, Gerechtigkeit und Zukunftsfähigkeit ist damit noch lange nicht erreicht.
Wir tragen sinnvolle Maßnahmen mit, welche die Regierung zur Verringerung des Infektionsgeschehens beschließt, um Leben zu schützen. Wir waren auch mit der großen Vorsicht einverstanden, als noch nicht klar war, welche Aktivitäten wirklich gefährlich sind. Aber wir brauchen auch eine echte Perspektive für unsere Zukunft und den langfristigen Erhalt von Strukturen und Arbeitsplätzen nicht nur unzureichende Hilfen, sondern angemessene Entschädigungen und eine Zukunftsperspektive.
Fairer Wettbewerb ist, auch die Online-Wettbewerber angemessen an den Kosten der Pandemie zu beteiligen.
Deshalb unterstützen wir die Forderung von Boris Palmer nach einem Mehrwertsteuersatz von 25% auf Onlinebestellungen."
Dem ist nichts mehr hinzu zufügen.
Bis denne!
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